Eine Reise in ein Wechselbad der Gefühle. Abgeschieden auf Dörfern in Nordrhein-Westfalen, wo der letzte Mensch, den ich bei Sonnenuntergang sehe, die Kuh im Schutz ihrer Herde ist. Ich bin angekommen, steige aus, und es riecht nach Land. Erdig, stallig, nach gepflügtem Acker und herrlicher Ruhe. Eine der entspanntesten Autobahnfahrten, die ich je hatte. Kaum Baustellen, kein Stau, wenige Abfahrten. Mein Ziel ist das Landhotel Beckmann, denn dort bin ich untergebracht. Ein Zimmer, da so gut duftet, wie es aussieht. Unter meinem Bett leuchtet es. Wenn ich morgens aufwache, geht mein erster Blick auf das schöne unbekannte Terrain. Weite Wiesen, große starke Bäume, schimmernde Sonnenstrahlen, grasende Tiere. 

"Das Landhaus Beckmann trägt seine Wurzeln im Namen: Die Landwirtschaft
Mit ihr hat an der Kalkarer Römerstraße alles begonnen. Familie Joosten, deren Bauernhof erstmals 1850 urkundlich erwähnt wurde, legte den Grundstein des Familienunternehmens. Als Schank- und Landwirte sowie Müller arbeitete Familie Joosten im 19. Jahrhundert. Damals wurde nach dem Gottesdienstbesuch Schnaps auf dem Bauernhof verkauft. Schwiegersohn Hermann Beckmann übernahm dann in der dritten Generation den Hof – bis 1969 weiterhin mit der Landwirtschaft als Haupterwerb.
Tradition, Qualität und Veränderung im Einklang
Tochter Else Große Holtforth und Ehemann Herrmann übernahmen dann wiederum den Betrieb. Mit ihnen kam Ende der 60er Jahre die komplette Ausrichtung auf die Gastronomie: Sie bauten das Bauernhaus um, erweiterten zum Restaurantbetrieb und erbauten im Jahre 1980 das Hotelgebäude. Seit 2005 steht Michael Große Holtforth an der Spitze des Familienhotels. Er steht gemeinsam mit seinem Team für Tradition, Qualität und Veränderung"

In den Tagen am Niederrhein besuche ich: Wissel (Heimat der Berliner Generalstaatsanwältin), Rees, Xanten, Emmerich, Kevelaer, Kleve (JVA, Landgericht) und Nijmegen. Eines der ersten Gebäude, das ich zu sehen bekomme, ist Schloss Moyland. An dem Samstag findet Hochzeit statt. Die beeindruckende Klosteranlage Kamp Lintfort wird mein nächstes Ziel sein. In dem übergroßen Terrassengarten fühle ich mich wohl, aber auch verloren. 

"Kamper Chronik
Gründung des Klosters von Kamp
des zisterziensischen Ordens, der Kölner Diözese
Im Jahr der Gnade
tausendeinhundertzweiundzwanzig.
Am Tage vor den Kalenden des Februar
habe ich angefangen."

Im St. Martini Dom Emmerich fällt mir die Ausstellung "Hemispheres" von JO PELLENZ auf. "Stehe gerade am Baum der Seelen, einige schweben, andere fallen. Es ist wie Tod und Leben."

"Mich erinnert diese wunderschöne, feine und zerbrechliche Arbeit an die Schönheit der Natur, der Schöpfung. Und zugleich klingt damit auch das Bedrohte, Gefährdete, Zerbrechliche, Todesbehaftete dieser Schöpfung an. Und das in diesem gewaltigen Raum, der Kirche, die allen, die sie aufsuchen, zugleich Weite und Geborgenheit durch ihre Architektur vermitteln kann. Es stimmt: das uns geschenkte Leben hängt zugleich an seidenen Faden, unsichtbar, von uns kaum wahrgenommen. Viele fragen: geht es mit dieser Welt weiterhin gut oder müssen wir uns auf kurz oder lang auf den worst case, die Katastrophe des Weltenendes einstellen? Angesichts des Ukrainekrieges und der vielen Konflikte weltweit, angesichts der uns mehr und mehr bedrängenden Klimakatastrophe hat diese Frage ihre tiefe Berechtigung..."

In Wissel fällt mir als erstes das kuriose gelbe Haus am Straßenrand auf. Links eingebogen, bin ich vor der Feuerwehr und am Friedhof mit spannenden Grabstätten. Bei Ortseinfahrt prangt ein großes weißes Kreuz am Straßenrand, am Abend fahren die landwirtschaftlichen Geräte übers Feld. Wer nett winkt, dem wird zurückgewunken. Ich überlege, ob ich das Bild von der Landwirtschaft auf einen großen Rahmen ziehen lassen und bei mir Zuhause ausstellen soll. Aber erstmal weiter zu den Wisseler Dünen. Als die Sonne am Abend über Wissel untergeht, fällt mir eine Frau auf einem der Feldwege auf. Sie pflückt Beeren, die sie später in ihrer Küche verarbeiten möchte, auch wenn es unter den Ortsbewohnern heißt, die Beeren seien wenig genießbar. Die Leute erzählen viel, wenn der Tag lang ist. Manchmal eben viel Unrichtiges. Wir unterhalten und verabschieden uns nett. Sie wird mir in Erinnerung bleiben. Genau wie der junge Mann mit seinem Hund auf dem Wisseler See. Er arbeitet für die Justiz und erzählt mir von dem besonderen Gericht in Kleve, das auf einer Burg liegen soll. Landgericht Kleve. Nicht weit weg ist die Justizvollzugsanstalt, deren Besuch er mir empfiehlt. Im Gericht darf ich mir 2 Säle ansehen, aber keine Fotos machen (nicht schlimm). Vegetarisches Mittagessen bestelle ich noch und dann wird es Zeit vom Auto aufs Fahrrad zu wechseln.

Im und um den Solegarten St. Jakob herrscht andere, gesunde Luft. Auch Kneipp und die Barfußrunde sind zugegen. Ich mache alles, nacheinander:

"Der Solegarten St. Jakob steht für Entspannung, Erholung und Zeit zum Durchatmen. Und das ist vor allem rund um das Gradierwerk ein besonderes und gesundes Erlebnis. Durch die „Kevelaer. Thermalsole“ aus der eigenen Quelle und die Verrieselung über den Schwarzdorn, entsteht salzhaltige Luft, die den Charakter einer „Meeresbrise“ hat. Die architektonische Form ist einer Muschel nachempfunden, die das Medium Wasser gradiert. Auch der Innenraum des Bauwerks ist für Besucher geöffnet. Hier ist die Konzentration der salzhaltigen Luft noch um ein Vielfaches höher als im Außenbereich. Die Ruheliegen und Bänke entlang des Gradierwerkes laden zu einer Auszeit vom Alltag ein. Auf dem kleinen Rundweg befinden sich 12 verschiedene Stationen, die die Gesundheit unterstützen. Spiritualität, sportliche Aktivität und seelisches Wohlbefinden werden hier auf dem Atemweg vereint. Ebenfalls kann hier etwas gutes für Körper, Geist und Seele getan werden. Beim Wassertreten im Kneipp-Becken sorgt das kalte Wasser für eine Erfrischung. Wer lieber die Socken anbehält, der krempelt sich die Ärmel hoch und taucht zunächst bis über den rechten Ellenbogen in das Armbecken ein und erst dann den linken Arm bis über den Ellenbogen. Eine weitere sinnliche Empfindung verspürt jeder, der sich nacktfüßig über den geschlängelten Barfußpfad traut. Hier können die Fußreflexzonen trainiert werden, indem die Füße auf eine spannende Erkundungstour auf den verschiedenen Materialien wie Tannenzapfen, Sand, Holzbalken oder Rindenmulch gehen."

Auf einer Liegebank in der großen Soleanlage schlafe ich ein und fühle mich beseelt von der beeindruckenden Bauweise innen wie außen. Überall tropft es, wie eine Rundkirche, die man mit Algen behangen hätte. Vor der Soleanlage ist eine Boulesspielfeld, auf dem zwei Männer ihre Kugeln werfen. Beide spielten im Verein und ich darf gegen jeden einmal antreten. Am Ende des Tages bin ich inmitten der Düffelt, einem deutsch-niederländischen Naturgebiet zwischen Kleve und Nijmegen (Niederlande). Nijmegen wird am vorletzten Tag der Reise ein Highlight, da es von Deutschland über die Grenze auf niederländischen Boden geht, Kultur-, Gemüts- und Paradigmenwechsel inklusive. Der "Grote Markt" nimmt mich im positiven Sinne vollkommen ein. Genau wie die Lange Hezelstraat, die marktseitig abwärts über viele Meter eine mysteriöse Wasserrinne in ihrer Mitte trägt. Am frühen Abend bin ich zurück in Deutschland.
Ein letztes Mal Sonnenuntergang auf dem Land. Meine Kühe auf der Weide, die ich nie wieder sehen werde. Mit dem Fahrrad den steile Straße mit der Anhöhe runterfahren und am Hotel ausrollen. 
Ganz nach meinem Geschmack.
Danke, Niederrhein!
Nimm der Angst ihr Zepter.
Du darfst vertrauen.
Den ersten Schritt hast du geschafft.
Nun geh den zweiten.
Deine Schwester heißt Neugier.
Dreh dich jetzt um –
du kannst das!
Und siehe, was dir den Rücken stärkt.
Höhen und Tiefen.
Gold und Grün.
Wasser, das trägt.
Von: Iris Macke 
(Friedhof Wissel, Kalkar)
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